Filmarchiv | DIE HOCHSCHULE FÜR GESTALTUNG ULM

DIE HOCHSCHULE FÜR GESTALTUNG ULM


Design für Millionen (Ulmer Dramaturgien 3) Regie: Günther Hörmann, Martin Krampen

Neben dem Bauhaus (1919-1933) gilt die Ulmer Hochschule für Gestaltung HfG (1953-1968) als bedeutendste Designhochschule. Beide sind Projekte einer unnachgiebigen Moderne:

Inge Scholl, Otl Aicher und Hans Werner Richter konzipierten Ende der 1940er Jahre eine neue politische Hochschule, deren Absolventen als Journalisten, Architekten, Städtebauer, Produktgestalter oder Grafiker am Aufbau einer demokratischen Gesellschaft mitwirken sollten. Mit Max Bill stieß ein ehemaliger Bauhäusler zu dem Projekt, Walter Gropius sagte seine Unterstützung zu und erlaubte den Namen BAUHAUS ULM. Daraus wurde die HOCHSCHULE FÜR GESTALTUNG (HfG). So lautete schon der Untertitel des BAUHAUSES. Die HfG erweiterte ihr Konzept: Neben dem Entwurf und der Gestaltung von industriell hergestellten Produkten und Gebäuden ging es zusätzlich um die Gestaltung von Erzeugnissen der Massenkommunikation. Dafür wurden die Abteilungen Visuelle Kommunikation, Information und Filmgestaltung geschaffen.

Die Liste der Produktinnovationen der HfG liest sich wie ein Querschnitt durch das tägliche Leben: Waggons für die Hamburger Hochbahn, Stapelgeschirr für Rosenthal, das Corporate Design für die Lufthansa, Audiogeräte für Braun, Fernsehanzeigen, Pharma Verpackungen, Plakate oder ganze Möbelsysteme. Das Berufsbild des Designers in seiner heutigen Form wurde durch die Ulmer HfG mitgeprägt. 1968 wurde die Schule – nicht zuletzt aus politischen Gründen – geschlossen.

Von der Bauhaus-Idee zur Hochschule für Gestaltung Ulm
Günther Hörmann

Auch im dritten Jahrtausend sind wir noch immer von Gebäuden, Objekten und Zeichen umgeben, welche zwei Institutionen der Welt hinterlassen haben, die im Nachkriegsdeutschland des Ersten und Zweiten Weltkriegs entstanden sind, aber auch dort wieder geschlossen wurden: Das Bauhaus (1919-1933) und die Ulmer Hochschule für Gestaltung, HfG (1953-1968).

Beispiele sind die Stahlrohrmöbel des Bauhausmeisters Marcel Breuer und die Entwürfe der Bauhausdirektoren Walter Gropius und Mies van der Rohe in der Architektur, die als repräsentativ für die „klassische Moderne“ gelten. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist es das revolutionäre Erscheinungsbild der Lufthansa, das von Otl Aicher, dem Mitbegründer und Dozenten der HfG entworfen und erstmals 2018 modifiziert wurde. Auch Produkte von Absolventen der HfG gehören dazu: das Stapelgeschirr TC 100 von Hans (Nick) Roericht und die Waggons der deutschen und japanischen Hochgeschwindigkeitszüge von Alexander Neumeister. 100 Jahre nach Gründung des Bauhauses und 50 Jahre nach Schließung der Ulmer Hochschule für Gestaltung versucht das DVD-Projekt die Beziehungsgeschichte der beiden inzwischen legendären Institutionen nachzuzeichnen: Ideen, die vom Bauhaus Weimar und Dessau ausgingen, und die aufgrund der besonderen deutschen Geschichte über die USA wieder nach Deutschland zurückkehrten.

Bauhaus Dessau, Chigaco, New York
Das Bauhaus, 1919 von Walter Gropius gegründet, wurde zum Zentrum der Moderne und der Idee des Funktionalismus. Grundlage der Ausbildung waren Werkstätten, Basis des Unterrichts war der Grundkurs. Zunächst experimentierten viele Künstler am Bauhaus. Es entstanden zweckfreie und handwerklich gefertigte Einzelstücke. Doch erst die Zusammenarbeit mit der Industrie begründete den Ruf des Bauhauses. Unter der Parole „Kunst, Technik und Industrie“ wurden die berühmten zeitlosen Produkte und Wohnhäuser entwickelt: hoch funktional, formschön und für jedermann erschwinglich.1933 erfolgte unter dem Druck der Nationalsozialisten die Schließung des Bauhauses. Danach wanderten die meisten Bauhauslehrer in die USA aus: nach Cambridge (Havard University), North Carolina (Black Mountain College) und Chicago (New Bauhaus – Institute of Technology).

Hochschule für Gestaltung Ulm
Im Herbst 1953, wurde der Lehrbetrieb der Ulmer Hochschule für Gestaltung aufgenommen. Zunächst orientierte sich der Unterricht noch an den Prinzipien des Bauhauses, in dem die arbeitsteilige Massenproduktion von Objekten und Botschaften noch nicht die bestimmende Rolle spielte. Als Ziel der Ausbildung hat sich dann aber in der Entwicklung der HfG herausgestellt, dass die zukünftigen Entwerfer und Gestalter auf zwei Gebieten kompetent sein sollten: Auf dem Gebiet des Entwurfs und der Gestaltung von industriell hergestellten Produkten und Gebäuden einerseits und dem Entwurf und der Gestaltung von Erzeugnissen der Massenkommunikation, d. h. von industriell hergestellten verbalen und bildlichen Botschaften andererseits. Dazu sollten die Abteilungen Produktgestaltung und Industrialisiertes Bauen und Visuelle Kommunikation, Information und Filmgestaltung dienen. Die HfG war eine private Schule, eine kleine Schule (ausgelegt für 150 Studenten), mit einem Betreuungsverhältnis von 18 Dozenten für 21 Studenten (1:1,2), eine Schule mit einem Ausländeranteil von 44%. Nach Vorstellungen der Gründer sollte das HfG Gebäude, eine Campusanlage, integraler Bestandteil des pädagogischen Konzepts sein. Theorie, Experimente und Werkstätten sollten ineinandergreifen. Kenntnisse in verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen galten als Voraussetzung für den Entwurfs- und Gestaltungsprozess. In sogenannten Entwicklungsgruppen wurden Aufträge von der Industrie bearbeitet. 1968 wurde die HfG – nicht zuletzt aus politischen Gründen – geschlossen. Viele der in Ulm entwickelten Produkte haben das internationale Design beeinflusst. In Ulm wurde das Berufsbild des Designers geprägt, wie wir es heute kennen. Ein Großteil der ehemaligen Dozenten und Absolventen wurden nach der Schließung der HfG Professoren oder gründeten Designbüros und Institute weltweit: In Asien, Nord- und Lateinamerika oder in Indien.

Neue Probleme und Herausforderungen
Hundert Jahre nach Gründung des Bauhauses und 50 Jahre nach Schließung der Ulmer HfG, haben sich die Ziele und Zwecke, die technischen und gesellschaftlchen Voraussetzungen für die Gestaltung industrieller Produkte und die Gestaltung bildhafter und sprachlicher Mitteilungen grundlegend verändert. Schlüsselbegriffe sind: Internet der Dinge und computergestützte Produktion, Interaktive Medien und Künstliche Intelligenz, Globalisierungstendenzen und Zivilisationsrisiken. Gefragt sind neue Problemlösungskonzepte, die über die klassischen Design-Disziplinen wie Formgebung und Gestaltung hinausgehen und einen nachhaltigen, sozial und ökonomisch verträglichen Umgang mit Materialien und Ressourcen im Design befördern sollen.

Extras

Umfangreiche PDF Materialien zum Thema

Dazu der vergriffene Prachtband: DIE HOCHSCHULE DER GESTALTUNG ULMPROJEKT EINER UNNACHGIEBIGEN MODERNE; Martin Krampen und Günther Hörmann (2003, Ernst Sohn Verlag, Berlin)
Deutschsprachige Ausgabe plus und englischer Übersetzung.

Inhaltsübersicht

Film:
DESIGN FÜR MILLIONEN
1 Gründung der HfG
2 Vorbild Bauhaus
3 Pädagogisches Programm
4 Arbeiten von Dozenten
5 Arbeiten von Studenten
6 Ende der HfG, Ausblick

Interviewfilme
Von Buenos Aires nach Ulm
Tomás Maldonado

Albers, Bill und Maldonado – Die Grundlehre am Bauhaus und an der HfG
William B. Huff

Das Ende der Ära Bill – Abschied vom Erbe des Bauhauses
Eugen Gomringer

Neue Designtheorien / Wissenschaft, Gestaltung und Politik
Gui Bonsiepe

Neue Designpraxis / komplexe Produkte und Systeme
Alexander Neumeister

Krise der Moderne / Schließung der HfG
Claude Schnaidt

Das Experiment Ulm – Rückblick und Ausblick
Tomás Maldonado

Credits
Regie: Günther Hörmann, Martin Krampen

Produktionsland: D
Produktionsjahr: 2003-19
Pressestimmen

“Ein StandARdwerk zur HFG-Historie!” Südwestpresse

DVD
nicht mehr lieferbar

Best. Nr.: 8030
ISBN: 978-3-8488-8030-0
EAN: 978-3-8488-8030-0

Länge: 45
Bild: PAL, Farbe, 16:9
Ton: Dolby Stereo
Sprache: Deutsch
Regionalcode: codefree

Label: absolut MEDIEN
Rubrik: Dokument


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