Filmarchiv | HUNGERJAHRE - in einem reichen Land
HUNGERJAHRE - in einem reichen Land
Bonusfilm: TUE RECHT UND SCHEUE NIEMAND. Regie: Jutta Brückner
Die 13-jährige Ursula Scheuner wächst als einziges Kind einer kleinbürgerlichen Familie in der Adenauer-Ära heran. Zunehmend führt die Pubertät das Mädchen in Konflikte mit ihren Eltern und ihrer Umgebung. Ursula wird konfrontiert mit der politischen Unentschlossenheit und den privaten Lügen ihres Vaters, dem eisernen Konsumwillen und der angstvollen Sexualfeindlichkeit ihrer Mutter. Besonders das Verhältnis zu ihr belastet Ursula zunehmend. „In dicht aufeinander folgenden Situationen wird eindringlich beschrieben, wie Ursel die Flügel gestutzt werden, bevor sie richtig begriffen hat, dass sie welche hat – Opfer einer langen Tradition.“ (Doris Dörrie)
Je größer der äußere Reichtum im Wirtschaftswunderland wird, umso drängender der verdeckte seelische Hunger. Der Film erzählt die Geschichte eines Mädchens, das erwachsen werden soll und nicht weiß, wie. Er legt die Zurichtung offen, die selbst zugerichtete Mütter ihren Töchtern angedeihen lassen. „Sehr intelligent, bemerkenswert gefilmt und mit Humor und Sensibilität inszeniert. Selten hat eine Kamera so gut jene Art von gefrorenem Ersticken und kalter Revolte gezeigt…” (Cahiers du Cinema)
HUNGERJAHRE gilt als einer der ersten deutschen Filmklassiker, der sich offensiv mit der weiblichen Lebensrealität auseinandersetzt und damit ein ganzes Genre begründete.
Als BONUSFILM erscheint ebenfalls in restaurierter Fassung der thematisch verwandte TUE RECHT UND SCHEUE NIEMAND: Das Leben einer Frau aus kleinbürgerlichem Milieu zwischen 1922 und 1975. Die Geschichte wird sowohl in individuellen als auch in historisch-dokumentarischen Fotos erzählt.
- Extras
Bonusfilm: TUE RECHT UND SCHEUE NIEMAND.
Dokumentarfilm von Jutta Brückner, 1975, s/w, 65 Minuten
Das Leben einer Frau aus kleinbürgerlichem Milieu zwischen 1922 und 1975. Die Geschichte wird sowohl in individuellen als auch in historisch-dokumentarischen Fotos erzählt.Kapiteleinteilung
Reichhaltige PDF Materialien:
Doris Dörrie über HUNGERJAHRE
Gespräch mit Jutta Brückner von Erika Gregor (1980)
Gespräch mit Jutta Brückner von Gerburg Treusch-Dieter über HUNGERJAHRE
Jury der evangelischen Filmarbeit – Film des Monats, Juni 1980
Jutta Brückner über HUNGERJAHRE
Jutta Brückner: Vom Singen im Wald bei Regen
Gespräch mit Jutta Brückner von Erika Richter (1997)
Karola Gramann, Heide Schlüpmann: Hungerjahre
TUE RECHT UND SCHEUE NIEMAND von Jutta Brückner
Gespräch Jutta Brückner mit Gerburg Treusch-Dieter über TUE RECHT UND SCHEUE NIEMAND
Über autobiografisches Filmemachen von Jutta Brückner- Inhaltsübersicht
HUNGERJAHRE
- in einem reichen Land
Kapitel1 Ankommen
2 Die erste Menstruation
3 Im „freien“ Westen
4 Die Geliebte
5 Erwachsenwerden
6 Aufbegehren
7 Mütter, Väter, Lehrer
8 Alter und neuer Antikommunismus
9 Depression
10 Der Fremde
11 Sich selbst hin-richtenTUE RECHT UND SCHEUE NIEMAND
Kapitel
1 Die Kindheit
2 Die Jahre in der Ausbildung
3 Die Vorkriegszeit
4 Kriegsausbruch und Kriegsjahre
5 Die Nachkriegszeit
6 Gerda nimmt ihr Leben in die HandHUNGERJAHRE
10:00:00 – 10:08:56 Ankommen
Ursula zieht Anfang der 1950er Jahre mit ihren Eltern in eine neue Wohnung. Sie sind angekommen im Nachkriegsdeutschland und können sich erste Luxusgüter leisten.
10:08:57 – 10:19:58 Die erste Menstruation
Ursula erschreckt, als sie Blut in ihrer Unterhose entdeckt. Mutter, Tante und Oma erklären ihr nicht, was es damit auf sich hat, schüren aber die Angst vor dem anderen Geschlecht. Ursula lernt, dass für Jungen und Mädchen andere Regeln gelten.
10:19:59 – 10:31:11 Im „freien“ Westen
Der Aufstand vom 17. Juni in Ost-Berlin und die Verschärfung der deutsch-deutschen Beziehungen führen zu einem antikommunistischen und –pazifistischen Klima. Der von Ursulas Vater geleistete Widerstand während der NS-Herrschaft soll wohlgehütetes Familiengeheimnis bleiben.
10:31:13 – 10:42:00 Die Geliebte
Ursula entdeckt, dass ihr Vater eine Geliebte hat, die er aus Widerstandszeiten kennt, und die eine Scheidung vorantreiben möchte. Obwohl Ursulas Mutter, Gerda, keinen Wert auf die eheliche Sexualität legt, rät ihr ihre Mutter, Leidenschaft zu simulieren, um ihren Mann zurück zu gewinnen.
10:42:03 – 10:52:04 Erwachsenwerden
Ursula beginnt, sich für Jungs, Liebe und Partys zu interessieren. Doch ihre Mutter verbietet ihr alle Vergnügungen außer dem Akkordeonspiel in einer Musikgruppe.
10:52:04 – 11:02:41 Aufbegehren
Trotz der Restriktionen der Mutter, trifft sich Ursula im Café mit Jungs und raucht. Nachts plündert sie den Kühlschrank, in der Schule träumt sie von Liebe. Die Aufstiegs- und Konsumträume ihrer Eltern machen sie wütend.
11:02:42 – 11:11:37 Mütter, Väter, Lehrer
Mutter, Vater oder auch Lehrer taugen für Ursula nicht als Vorbilder. Doch auch die Beziehung von Gerda, ihrer Schwester und deren Mutter sind nicht konfliktfrei. Die Nazi-Vergangenheit ist weder zuhause noch in der Schule, die ohnehin die alten Lehrer weiter beschäftigt, ein Thema.
11:11:37 – 11:21:44 Alter und neuer Antikommunismus
Das Verbot der KPD führt den alten Anti-Kommunismus der Nazi-Zeit in der BRD weiter. Der Widerstand gegen das NS-Regime wird in diesem Zuge diskreditiert. Ursula versteht nicht, wieso keiner dagegen aufbegehrt. Sie entzieht sich ihren Eltern immer mehr.
11:21:46 – 11:34:16 Depression
Fressanfälle, Alpträume, innerer Rückzug, Selbstverletzungen offenbaren die zunehmende Entfremdung Ursulas von einem gesellschaftlichen Umfeld, dass von Verboten, Geheimnissen und Unterdrückung aller Leidenschaften geprägt ist.
11:34:17 – 11:45:40 Der Fremde
Ursula lernt im Park einen Algerier kennen, der ihr von den antikolonialen Kämpfen in Afrika erzählt. Sie verbringt mit ihm die Nacht am See und lässt sich unwillig auf Sex mit ihm ein. Am nächsten Morgen reist er nach Paris und von dort nach Algerien ab.
11:45:41 – 11:52:50 Sich selbst hin-richten
Als Ursula nach Hause kommt, schluckt sie alle verfügbaren Tabletten in dem Wunsch, sich selbst zu töten. „Wer etwas ausrichten will, muss zuerst etwas hinrichten. Sich selbst.“Kapiteleinteilung TUE RECHT UND SCHEUE NIEMAND
00:00:00:00 – 01:11:46:00 Die Kindheit
Kindheit, Tod des Vaters, Hilflosigkeit der Mutter, Entbehrungen, Stolz der Armen,01:11:46:00 – 01:19:00:00 Die Jahre in der Ausbildung
01:19:00:00 – 01:29:11:00 Die Vorkriegszeit
Gerda und ihre Familie schlagen sich einigermaßen gut durch die Vorkriegszeit. Sie sind sehr unpolitisch, passen sich im öffentlichen Leben aber der aufstrebenden Nazibewegung an, um Probleme zu vermeiden. Neben Arbeit und der Treue zur Mutter geht die Jugend an Gerda vorbei.01:29:11:00 – 01:41:29:00 Kriegsausbruch und Kriegsjahre
Gerda lernt Georg kennen, einen Buchhalter, der sie mit Stolz erfüllt. Sein kommunistisch veranlagtes politisches Engagement beunruhigt und seine Freunde beschämen sie. Trotzdem willigt sie zu Kriegsbeginn in eine Heirat ein. Die beiden bekommen einen Tochter, Gerda ist glücklich.
Georg wird erst gegen Kriegsende an die Front geschickt, nachdem Gerda ihm mit der Tochter nach Österreich gefolgt war. Nun reisen Sie zurück nach Deutschland und warten das Kriegsende ab. Das Land durchlebt die Niederlage und bleibt gezeichnet und schuldbeladen zurück.01:41:29:00 – 01:48:45:00 Die Nachkriegszeit
Nach Kriegsende können kann sich Gerda mit Ihrer Familie durch geringen Besitz und Fleiß einigermaßen über Wasser halten. Trotzdem hungern und frieren sie und leiden unter den ärmlichen Zuständen. Mit der Währungsunion füllen sich die Geschäfte wieder mit Waren, während die Bevölkerung versucht, ihrem Nachholbedarf gerecht zu werden.01:48:45:00 – Ende Gerda nimmt ihr Leben in die Hand
- Credits
-
Darsteller: Sylvia Ulrich, Britta Pohland, Claus Jurichs, Hilla Preuss, Helga Lehner-Madin
Musik: Johannes Schmoelling
Regie: Jutta Brückner
Produktionsland: D
Produktionsjahr: 1980
- Pressestimmen
»In dicht aufeinander folgenden Situationen wird eindringlich beschrieben, wie Ursel die Flügel gestutzt werden, bevor sie richtig begriffen hat, dass sie welche hat – Opfer einer langen Tradition.« Doris Dörrie
»Sehr intelligent, bemerkenswert gefilmt und mit Humor und Sensibilität inszeniert. Selten hat eine Kamera so gut jene Art von gefrorenem Ersticken und kalter Revolte gezeigt… « (Cahiers du Cinema)
“Das ausführliche und erhellende Bonusmaterial auf der DVD umfasst PDF-Dokumente zu Entstehung und historischem Kontext des Films sowie Brückners erste Regiearbeit, den Dokumentarfilm „Tue recht und scheue niemand – Das Leben der Gerda Siepebrink“ (1975), ein weiteres Highlight – und kein kleines.” Berliner Zeitung
“Eine Studie, die zugleich eine mentalitätsgeschichtliche Bestandsaufnahme der BRD in den Fünfzigern ist und die das emotionale wie intellektuelle Verhungern im Wirtschaftswunderland zum Thema hat.” Ray
“Radikal ist der Film in der subjektiven Perspektive Ursulas, gewinnt aber gerade dadurch und durch die ebenso bestechenden wie strengen und kargen Schwarzweißbilder Dichte und große Kraft. Ziemlich einzigartig im deutschen Kino ist diese Aufarbeitung eines Frauenschicksals zur Zeit der Adenauer-Ära, ist präzise im Privaten und vermittelt gerade dadurch einen bestechenden allgemeinen Eindruck von der gesellschaftlichen Stimmung in dieser Zeit.” kultur-online
“Spielfilm und Doku zeichnen beide ein beklemmendes Bild von der Familie als Gefängnis. Individualität ist dabei genauso wenig vorgesehen wie ein Anspruch auf privates Glück. Dass diese Gesellschaft Ende der 60er-Jahre hinterfragt und umgeworfen werden musste, scheint nur konsequent. „Hungerjahre“ – ein bedrückender Film über die deutsche Nachkriegszeit, in der der physische Hunger zwar gestillt werden konnte, nicht aber der seelische.” SWR, Kultur-info
“Ein eindrucksvolles Bild über Mutter-Tochter-Beziehungen im Nachkriegsdeutschland.” Missy Mag
“…legt Schicht für Schicht Zwangshaltungen, Verdränungen und Ängste frei…” Film Dienst
“Ohne viel Aufhebens und dabei doch ungeheuer virtuos setzt Brückner mit „Hungerjahre“ eine Studie des allmählichen Erstickens, Erkaltens, Verhärtens durch den gewaltsamen Zugriff von Geschlechterrollenzuschreibungen in Szene; eineStudie, die zugleich eine mentalitätsgeschichtliche Bestandsaufnahme der BRD in den Fünfzigerjahren ist und die das emotionale wie intellektuelle Verhungern im Wirtschaftswunderland zum Thema hat.” Berliner Zeitung
“Ihr gelingt es, Realitätsdarstellungen mit Phantasiebildern verschwimmen zu lassen, die den Zuschauer*innen das Gefühl der eigenen Orientierungslosigkeit, wie auch der von Ursula vermitteln. Gleichzeitig erzeugt Brückner damit eine Wahrnehmung historischer Abgründe, die vom Frauenbild des Nationalsozialismus, wie auch von religiösen und konservativen Patriarchatsbildern geprägt sind. Brückner, die auch promovierte Politikwissenschaftlerin ist, hat mit dem Film eine politische Geschichte inszeniert, in der ein großer Teil der historischen Komplexität der 50er Jahre eingefangen ist.” Aviva
- Auszeichnungen
Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI in Berlin
Preis der deutschen Filmkritik für den besten Spielfilm des Jahres
Publikumspreis in Sceaux
Publikumspreis in Brüssel
nicht mehr lieferbar
Best. Nr.: 7019
ISBN: 978-3-8488-7019-6
EAN: 978-3-8488-7019-6
FSK: 12
Länge: 114
Bild: PAL, S/W, 4:3
Ton: Mono
Sprache: Deutsch
Regionalcode: codefree
Label: absolut MEDIEN
Rubrik: Spielfilm
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