Filmarchiv | Die moderne Stadt

Die moderne Stadt


6 Filmessays zur neuen Urbanität der 1950/60er Jahre: Dokumente zum Thema des modernen Wohn- und Städtebaus Herausgeber: Ralph Eue, Florian Wüst

Den Idealen des „Neuen Bauens“ der 1920er Jahre folgend, zielte die Modernisierung der europäischen Großstädte nach 1945 auf bessere Lebensbedingungen für die arbeitende Bevölkerung. Überall fehlte es an Wohnraum. Industrielle Massenproduktion und Konsumkultur stellten die Menschen und ihre sozialen Beziehungen vor große Veränderungen. Das Medium Film diente als ein Mittel, um einerseits die Stadt- und Verkehrsmodelle „von Morgen“ zu bewerben und andererseits der Kritik an der Rationalisierung des Alltags Ausdruck zu verleihen. Diese Auswahl an dokumentarischen und experimentellen Kurzfilmen eröffnet einen einzigartigen historischen Blick auf die Kontroverse um die moderne Stadt.

Diese DVD-Edition präsentiert den 1960 in Kopenhagen entstandenen, kaum bekannten Dokumentarfilm BAG DE ENS FACADER (HINTER DEN GLEICHEN FASSADEN) von Peter Weiss.

Film als mediale Leitlinie, um über Wohnprobleme und deren mögliche Lösung aufzuklären. Neue Wohnungsgrundrisse, bautechnische Rationalisierungsmaßnahmen und soziale Innovationen sollten anschaulich gemacht werden. Wohnungsbaugesellschaften, Fachverbände und Ministerien gaben Lehr-, Dokumentar- und Informationsfilme in Auftrag. Die Frage nach dem Befinden der Bewohner – nachdem sie die modernen Wohnblocks, Reihen- und Einfamilienhäuser bezogen hatten – wurde in den zu Zwecken der Werbung und politischen Willensbildung produzierten Filmen nicht gestellt. Anders machte es Peter Weiss in seinem halbstündigen Film BAG DE ENS FACADER (HINTER DEN GLEICHEN FASSADEN), der die Bewohner von ihrem Alltag, über Arbeit und Freizeit, Gemeinschaft und Anonymität sprechen lässt. Im Kontext dazu eine Auswahl an experimentellen und dokumentarischen Kurzfilmen aus den Jahren 1956–65:

DIE STADT von Herbert Vesely und BAU 60 von Dieter Lemmel (beide sind Mitunterzeichner des Oberhausener Manifests von 1962), Rudi Horneckers FÜR EINEN PLATZ AN DER SONNE (1959), der schwedische Film EN DAG I STADEN sowie Manfred Durnioks DIE GEMORDERTE STADT (1965), die Filmfassung des gleichnamigen Buches des im November 2013 verstorbenen Schriftstellers und Verlegers Wolf Jobst Siedler.

Extras

Bonusfilm: Die Stadt von Morgen — Ein Film vom Städtebau (1930, 33 Min.)
Mit einem ausführlichen Booklet

Inhaltsübersicht

Filmliste:
En dag i staden (Ein Tag in der Stadt), Pontus Hultén & Hans Nordenström (1956)
Für einen Platz an der Sonne, Rudi Hornecker (1959)
Die Stadt, Herbert Vesely (1960)
Bau 60, Dieter Lemmel (1961)
Bag de ens facader (Hinter den gleichen Fassaden), Peter Weiss (1961)
Die gemordete Stadt, Manfred Durniok (1965)

Bonus:
Die Stadt von Morgen – Ein Film vom Städtebau, Maximilian von Goldbeck & Erich Kotzer (1930)

Credits
Herausgeber: Ralph Eue, Florian Wüst

Pressestimmen

“Sechs Filmessays aus den Jahren 1956 bis 1965, gedreht in Schweden, Deutschland und Dänemark geben die Wahrnehmung moderner Städte aus unterschiedlichen Perspektiven und unter Verwendung verschiedener filmischer Mittel und Genres wieder. Allesamt sind die Filme Zeitzeugnisse, die bereits vor 50 Jahren auf die sozialen Konsequenzen modernen Städtebaus – positiv wie negativ – hingewiesen und nichts an ihrer Relevanz für gegenwärtige Diskussionen verloren haben.” FORM Design Magazin

“Die von Ralph Eue und Florian Wüst herausgegebene DVD-Edition scheint weniger ein architektonisches als ein soziologisches Interesse zu haben, denn bei fast allen Filmen handelt es sich eher um Porträts des modernen Menschen als um theoretische Auseinandersetzungen mit den ästhetischen Prinzipien der Nachkriegsarchitektur. Dies macht die Kompilation jedoch nicht weniger spannend.” dasfilter.com

“Die neu erschienene DVD „Die moderne Stadt“ vereint sieben historische „Filmessays zur neuen Urbanität“ und so unterschiedliche Reiseziele wie Stockholm, Kopenhagen, Rotterdam, Frankfurt, Berlin und eine Baustelle in München. Treffen Sie Stadtplaner, wie den Architekten und ehemaligen Frankfurter Stadtbaurat Ernst May, der von neuen Stadtrandsiedlungen schwärmt, oder die Bewohnerin eines dänischen Hochhauses, die da zwar ganz gerne lebt und doch Angst vor einer
„Höhenpsychose“ hat…” DABbbayern

“Aber die filmische Essaysammlung „Die moderne Stadt“ hat anderes im Sinn, als die Richtung der Stadtentwicklung zu verteufeln. Das alles ist auch dem fundierten und umfangreichen Booklet zu entnehmen. Vielmehr geht es den beiden Herausgebern Ralph Eue und Florian Wüst, beide beschlagen in Sachen Film und in Sachen Architektur, darum, ein Lebensgefühl, einen Fortschrittsimpuls zu erfassen und zu charakterisieren, der bis heute nachwirkt. Wirtschaftswunder und Aufbruchzeiten sind längst vorbei; die Stadtentwicklung, einst stolz auf ihre Suburbia, Gewerbegebiete und Fußgängerzonen, sieht sich längst mit drängenden Problemen konfrontiert: Verödung der Innenstädte, Gentrifizierung, Wohnraummangel und Fragen der Lebensqualität im Städtischen. Dabei hatten die Planer anderes im Sinn…” Brutstatt

“Der Fokus liegt weniger auf dem Städtebau der Moderne, als auf der filmischen Repräsentation von Urbanität Anfang der sechziger Jahre. Die filmischen Essays zeugen von sehr unterschiedlichen Haltungen und Ideologien, doch was alle Filme verbindet, ist ein spannender Blick auf das Leben, das sich in den Städten entfaltet oder entfalten sollte. Architektur und Stadt treten meist in den Hintergrund, dafür lernt man umso mehr über die damalige Gesellschaft.” Baunetzwoche

“Sehr eigensinnig und nicht selten mit surrealen Mitteln veranschaulichen die dokumentarischen und experimentellen Kurzfilme die Kontoverse um die moderne Stadt.” Kunstbulletin

“Diese Auswahl aus dokumentarischen und experimentellen Kurzfilmen eröffnet einen historischen Blick auf die Kontroverse jener Jahre um die moderne Stadt, zeigt Bauwerke, die noch heute als Modell Bestand haben, aber auch Bausünden jener Jahre.” Zeitungsgruppe Mittelhessen

„17 Oktober Heute plötzlich sehr stark den Wert des Films erfasst: Unlust und Zweifel völlig vergangen. Gepackt von dieser Arbeitsaufgabe. Schon während der letzten Tage hin und wider Augenblicke voller Schärfe und Spannung, Augenblicke in denen Leben zu spüren war, alles lag aber noch gedämpft unter den Ausstrahlungen der Verlogenheiten. Jetzt stand da diese Arbeiterfrau, mit ihrem kleinsten Kind auf dem Arm, neben dem Fernseh-Apparat und dem Bild mit dem Bauernhof, sie stand da hager, mit verarbeiteten Händen, abgemagerten Armen, verhärmtem Gesicht und antwortete sachlich auf die Fragen des Interviewers. Ihr Dasein stand so klar und deutlich vor uns, dass uns war, als müssen wir den Atem anhalten. Von dieser Echtheit, dieser Härte aus gesehen, lassen sich jetzt in all den anderen Szenen die starken Augenblicke erkennen, die Augenblicke, in denen das eigentliche Dasein durch die Verstellungen hindurchschimmert.“
(Peter Weiss über die Arbeit an Bag de ens facader, 1961, in: Das Kopenhagener Journal, hrsg. von Rainer Gerlach und Jürgen Schutte, 2006)

„Vor Jahren war hier Krieg. Er produzierte Ruinen. Für die letzten, die jetzt noch da sind, ist man fast dankbar. Sie dienen als Attraktion für die Fremden. Auch Vögel gibt es wieder. … This is London calling in the Pacific Service of the BBC. … Frau Margarete Klos, Zwingenbergstraße 16, 3. Stock, wird ersucht, sofort das städtische Krankenhaus in der Wiegenheimer Straße anzurufen. … Ich möchte frei und sonnig wohnen. Ich wünsche Zentralheizung, Fernsehapparat, automatische Waschmaschine und Müllschlucker. … Beschreiben Sie doch bitte die Wohnung, die Sie sich wünschen. Was für eine Hausform? Geschlossene Bauweise mit Randbebauung, Zeilenbau et cetera. Welches Geschoss? Wohn- und Schlafzimmer, Schlafzimmer, Kinderschlafzimmer, Wohn- und Esszimmer, Wohnzimmer, Esszimmer, Arbeitsraum. Oder was sonst? Sind Sie mit der Anzahl der Zimmer zufrieden? Ja. Nein. Wenn nein, warum nicht?“
(aus: Die Stadt, Herbert Vesely, 1960)

“Das Studium der Nachkriegsmoderne hat an Brisanz nichts verloren, da diese ein vereinfachtes Modell dafür abgibt, wie die Kombination von politischen Motiven, sozialen Voraussetzungen sowie wirtschaftlichen und geografischen Bedingungen das Design der heutigen urbanen Wirklichkeit geprägt hat. Die tabula­rasa­artige Situation der „Stunde null“ spielte dabei eine große Rolle, man denke nur an Rotterdam, das nahezu komplett neu aufgebaut werden musste und deshalb ungeahnte Freiheiten in Bezug auf den planerischen Weitblick bot; dazu kamen aber auch der Kalte Krieg, der wirtschaftliche Neustart, das Erstarken (sozial­)demokratischer Kräfte oder das Paradigma der mobilen Kleinfamilie. Die DVD­Edition „Die moderne Stadt“ wurde unter dem Gesichtspunkt zusammengestellt, eine möglichst breite Vorstellung davon zu vermitteln, wie der neue Schub in Richtung rationalisierter Planung und zukunftsorientierter Gestaltung filmisch ästhetisiert, propagiert und kritisiert wurde.” springerin

“Der Kulturfilm ist ein gemeinhin unterschätztes Genre. Auch wenn er vornehmlich der Wissensvermittlung dient, so haben in der Geschichte des Films doch kreative Schöpfer immer wieder versucht, kleine Interventionen einzuflechten oder subversive Momente einzubauen. Die DVD „Die moderne Stadt – Filmessays zur neuen Urbanität der 1950/60er-Jahre“ enthält eine Sammlung von fünf aus eben jenen zwei Jahrzehnten stammenden Kulturfilmen, in denen die Filmemacher die Grenzen des Genres frech überschreiten – hin zum Surrealen, zum Grotesken, zum Experimentellen. Essays eben.” Kinema Kommunal

DVD
nicht mehr lieferbar

Best. Nr.: 4033
ISBN: 978-3-8488-4033-5
EAN: 978-3-8488-4033-5
FSK: Infoprogramm

Länge: 177
Bild: PAL, 4:3
Ton: Mono
Sprache: Deutsch, Dänisch, Schwedisch
Untertitel: Mit zuschaltbaren Untertiteln in Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch
Regionalcode: codefree

Label: absolut MEDIEN
Rubrik: Dokument


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