Film | VORSPIEL - Bonusfilm TANZ AUF DER KIPPE

VORSPIEL - Bonusfilm TANZ AUF DER KIPPE


Regie: Peter Kahane

Noch mehr Infos hier: https://film.absolutmedien.de/defa-wendejugend-booklet/

Die Wirrungen der Liebe und der Alltag Jugendlicher in der DDR!

Eine Kleinstadt an der Elbe: Die erste große Liebe als Ouvertüre zu all den Kämpfen, die man ein
Leben lang auszufechten hat. Der siebzehnjährige Dekorationslehrling Tom gehört zu einer Clique Jugendlicher in einer kleinen Stadt. Während der Anführer Major mit seinem Moped versucht, den Mädchen zu imponieren, träumt Tom von der großen Liebe. Die begegnet ihm plötzlich in Gestalt von Corinna, die mit ihrem Vater, einem Museumsdirektor, aus Berlin zugezogen ist. Tom denkt sich kuriose Dinge aus, um sich bei Corinnas Vater ins rechte Licht zu setzen. Als er von Floh, seiner Freundin seit Kindertagen, hört, dass Corinna Schauspielerin werden will, ist dies plötzlich auch sein Lebenswunsch. Gemeinsam bereiten sie sich auf die Aufnahmeprüfung vor. In einer schwachen Stunde lässt sich Corinna sogar verführen, aber Tom muss die schmerzliche Erfahrung machen, dass sie doch seinen Kumpel Major liebt…

Der Bonusfilm TANZ AUF DER KIPPE von Jürgen Brauer erzählt eine bewegende Jugendgeschichte vor dem Hintergrund der Wendezeit. Mit Dagmar Manzel, Frank Stieren, Winfried Glatzeder.

VORSPIEL
DEFA-Studio für Spielfilme, Gruppe „Roter Kreis“, 1987
Regie: Peter Kahane
Szenarium: Thomas Knauf, Peter Kahane
Kamera: Andreas Köfer
Schnitt: Ilse Peters
Ton: Hans-Henning Thölert
Musik: Tamás Kahane
Dramaturgie: Christel Gräf
Produktion: Uwe Kraft
Darsteller:
Hendrik Duryn, Susanne Hoss, Antje Straßburger, Ahmad Mesgarha, Thomas Laudzim, Karin Schröder, Hermann Beyer, Daniela Dittberner, Nora Galk, Arianne Borbach u.a.
DEFA-Fotograf: Klaus Goldmann
Copyright: DEFA-Studio für Spielfilme 1987 © DEFA-Stiftung. All rights reserved.
FFA-Förderung (Förderung Digitalisierung)

Vorspiel
Prolog eines Stückes; Probe vor der eigentlichen Herausforderung; Vorsprechen für die Schauspielschule; Zärtlichkeiten vor dem Geschlechtsverkehr; oder ganz allgemein: das, was vor dem Wesentlichen kommt – Der Filmtitel Vorspiel ist vielfältig interpretierbar und alle Lesarten haben für diesen DEFA-Film ihre Berechtigung.

Eine Gruppe junger Leute in einer ostdeutschen Kleinstadt. Die Umgebung wirkt trostlos, die Häuser sind grau in grau. Die Jugendlichen warten darauf, dass etwas passiert. Sie spielen Streiche und entdecken erste Gefühle füreinander. Im Mittelpunkt steht der treuherzige Dekorationslehrling Tom, der Hals über Kopf in die neu zugezogene Corinna verliebt ist und ihr versucht zu imponieren. Gemeinsam mit ihr probt er für die Schauspielaufnahmeprüfung Kleists „Käthchen von Heilbronn“. Die melancholische Szenerie wird immer wieder durch Komisches gebrochen, etwa wenn Tom eine Schaufensterpuppe wie Corinna ankleidet oder sich von seinem Rivalen Major das ABC der Verführung in einem abgewrackten Auto erklären lässt. Die Selbstfindungsprozesse der jungen Helden erhalten so einen unterhaltsamen Charme.

An den Berufswünschen der Jugendlichen manifestieren sich Generationskonflikte: „Nichts von dem du geträumt hast, ist Wirklichkeit geworden“, wirft Corinna ihrem Vater vor, als dieser ihr verbieten möchte, Schauspielerin zu werden, um in die Fußstapfen ihrer getrennt von der Familie lebenden Mutter zu treten. Am Rande erfährt der Zuschauer, dass diese am Anklamer Theater spielt – jener Bühne, die als „Strafkolonie am Ende der Welt“ unter Leitung von Frank Castorf in den 1980er Jahren über die DDR hinaus Bekanntheit erlangte.

Vorspiel ist eine Hommage an Kino und Theater als Orte der Sehnsucht, an Träume und Erinnerungen. Regelmäßig treffen sich die Jugendlichen im örtlichen Filmtheater und sehen eine DEFA-Retrospektive mit Filmen aus den 1950er Jahren wie Berlin – Ecke Schönhauser… (Gerhard Klein, 1957) und Meine Frau macht Musik (Hans Heinrich, 1958). An anderer Stelle ertönt während einer Theaterprobe in einem sonst nicht mehr benutzten Raum des Kinos aus dem Hintergrund Karl-Ernst Sasses Filmmusik zu Der Scout (Dshamjangijn Buntar & Konrad Petzold, 1982). Barbara Cantow verweist in ihrem Artikel in „Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft“ (Jg. 30, Bd. 36) darauf, dass Kahane stark von François Truffauts Antoine-Doinel-Zyklus mit Jean-Pierre Léaud in der Hauptrolle beeinflusst worden sein muss. Die Konfrontationsszene zwischen Tom und Major erinnert sie an den Hollywood-Klassiker …denn sie wissen nicht, was sie tun (Nicholas Ray, 1955).

Gedreht wurde Vorspiel überwiegend in Schönebeck an der Elbe im damaligen Bezirk Magdeburg. Die Dreharbeiten begannen am 11. November 1986 und endeten am 9. Februar 1987. Im Berliner Kino Kosmos feierte die Produktion am 5. November 1987 Premiere. Für Regisseur Peter Kahane (* 1949) war es nach seinem halblangen Debütfilm Weiberwirtschaft (1983) und Ete und Ali (1984) der dritte Spielfilm. Das Drehbuch schrieb Kahane gemeinsam mit dem Autor Thomas Knauf. 1990 kommt es für Kahanes letztes DEFA-Filmprojekt Die Architekten zu einer weiteren Zusammenarbeit zwischen den beiden. Die Arbeit von Andreas Köfer, der bei allen DEFA-Spielfilmen Kahanes die Kamera führte, fand in zeitgenössischen Kritiken besondere Beachtung: „Das Klima des Films wird entscheidender als gewöhnlich mitbestimmt von der Kamera“, urteilte Jutta Voigt in der Wochenzeitung „Sonntag“ vom 22. November 1987. Ute Semkat schwärmte in der „Magdeburger Volksstimme“ davon, „wie Kameramann Andreas Köfer (…) Schönebeck im blauen Abenddämmern geradezu verzauberte“. 1988 wird Vorspiel auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken mit dem Preis des Oberbürgermeisters ausgezeichnet.

Viel Lob erhielten auch die jungen Darsteller. Hendrik Duryn, der zuvor bereits in einer kleinen Rolle im DEFA-Kriminalfilm Vernehmung der Zeugen (Gunther Scholz, 1987) zu sehen war, spielt hier seine erste Hauptrolle und beginnt im Anschluss ein Studium an der Leipziger Theaterhochschule „Hans Otto“. Duryn ist heute insbesondere für die Titelrolle in der RTL-Serie Der Lehrer bekannt. Auch Susanne Hoss und Ahmad Mesgarha debütieren in Vorspiel und ergreifen später den Schauspielerberuf. Antje Straßburger trat bereits drei Jahre zuvor im DDR-Fernsehen in der Märchenverfilmung Die Geschichte vom goldenen Taler (Bodo Fürneisen, 1985) auf. Sie gewinnt Darstellerpreise auf dem Kinderfilmfestival Goldener Spatz und den Bronzenen Lorbeer des DFF. In Nebenrollen agieren bekannte DEFA-Schauspieler wie Hermann Beyer, Karin Schröder und Arianne Borbach.

Mit Liebe zum Detail verantwortete Tamás Kahane, der damals erst 19-jährige Sohn des Regisseurs, die Filmmusik: So erklingt beispielsweise Inka Bauses populäres Debüt „Spielverderber“, als die Jugendlichen von einem Türsteher abgewiesen werden. Tamás Kahane singt auch den vom Gefühl der Sehnsucht handelnden Titelsong, dessen Text von Alfred Rösler stammt:
Einmal kommt der Himmel runter, wie ein blauer Stein. Einmal schlägt ein rundes Wunder auf der Kreuzung ein. Und rollt die Stadt ans Meer, wir treiben hinterher. Nur einmal hin, ein kleines Stück und zurück. Einmal unterm Segel liegen, aber nicht allein. Einmal mit den Armen fliegen – way up to the sky.

Philip Zengel

TANZ AUF DER KIPPE
DEFA Studio Babelsberg GmbH, Gruppe „Johannisthal“, 1991
Regie und Drehbuch: Jürgen Brauer
Szenarium: Jurij Koch
Literarische Vorlage: Roman „Augenoperation“ von Jurij Koch
Kamera: Jürgen Brauer
Schnitt: Erika Lehmphul
Ton: Wolfgang Höfer, Axel Martin-Andersen
Musik: Ralf Hoyer
Dramaturgie: Andreas Scheinert
Produktion: Horst Hartwig
Darsteller:
Dagmar Manzel, Frank Stieren, Winfried Glatzeder, Eberhard Kirchberg, Christa Pasemann, Peter Prager, Sylvia Burza, MR Dr. Dirkpeter Schulze, Elisabeth Richter, Peter Bause u.a.
DEFA-Fotograf: Waltraut Pathenheimer
DEFA Studio Babelsberg GmbH 1991 © DEFA-Stiftung. All rights reserved.
FFA-Förderprogramm Filmerbe (Förderung Digitalisierung)

Tanz auf der Kippe
7. Oktober 1989. Der 17-jährige Schüler Gerat wird auf einer Müllkippe überfallen und sein Gesicht in eine ätzende Lauge gedrückt. Er erblindet. Parallel laufen die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR über die Fernsehbildschirme. In Rückblenden erfährt der Zuschauer die Hintergründe, die zum Überfall führten. Tanz auf der Kippe erzählt von einem Jungen, der mit den Bedingungen der Zeit nicht zurechtkommt. Gerat möchte sich nicht an gesellschaftliche Normen anpassen, will stets die Wahrheit sagen und erträgt Ungerechtigkeiten nur schwer. Mit Elan und Überzeugung singt er den Blue-Jeans-Song des Edgar Wibeau aus Ulrich Plenzdorfs Theaterstück „Die neuen Leiden des jungen W.“. Gerat handelt ohne Rücksicht auf mögliche persönliche Konsequenzen und stößt mit seinem Verhalten andere vor den Kopf. Verstanden fühlt er sich nur von seiner Lehrerin Claudia, in die er sich verliebt.
Regisseur Jürgen Brauer (*1938) bedient sich in Tanz auf der Kippe einer metaphorischen und symbolhaften Bildsprache. Besonders in Erinnerung bleibt die titelgebende Szene, in der Gerat und Claudia zu den Klängen des Songs I Want Two Wings der international bekannten Gospelgruppe Golden Gate Quartett über die Müllkippe tanzen, nachdem sie das DDR-Nachrichtenprogramm stumm geschaltet haben. I want two wings to veil my face. I want two wings to veil my feet. I want two wings to fly away, and the world can’t do me no harm.
Tanz auf der Kippe entstand nach dem Roman „Augenoperation“ des Schriftstellers Jurij Koch. Bereits 1989 verfilmte Jürgen Brauer mit Sehnsucht eine Novelle des sorbischen Autors. Brauer ist ab Mitte der 1960er-Jahre gefragter Kameramann bei der DEFA und verantwortet in dieser Funktion mehrere Filme von Heiner Carow, Günter Reisch und Horst Seemann. 1980 realisiert er mit der Adaption des Alfred-Wellm-Romans Pugowitza sein Debüt als Regisseur. Zusammen mit Günther Rücker inszeniert er mit Hilde, das Dienstmädchen (1986) einen weiteren historischen Stoff. Mehrfach dreht Brauer Filme, die sich insbesondere an ein junges Publikum richten, darunter das Märchen Gritta von Rattenzuhausbeiuns (1984) und die Adaption des Benno-Pludra-Buches Das Herz des Piraten (1987). Sein letztes DEFA-Projekt ist die Co-Produktion Anna annA (1993), die er in Co-Regie mit der schweizerischen Regisseurin Greti Kläy verwirklicht.
Brauer erinnert sich in einem Zeitzeugengespräch mit der DEFA-Stiftung, dass das Drehbuch von Tanz auf der Kippe ein Jahr vor der Wende nicht zur Verfilmung freigegeben wurde. Erst nach dem Mauerfall kann das Projekt realisiert werden. Die Einbindung der politischen Ereignisse der Vorwendezeit in das Skript erfolgt nachträglich. Gedreht wird zwischen dem 24. Juli und 30. September 1990. Am 16. Februar 1991 feiert Tanz auf der Kippe auf den Internationalen Filmfestspielen Berlin seine Uraufführung und eröffnet die Sektion Panorama. Die Kritikermeinungen reichen weit auseinander. Während Frank-Burkhard Habel im „Filmklub-Kurier“ der Produktion auch Chancen im Wettbewerb des Festivals zugebilligt hätte, beginnt Henryk Goldberg im „Neuen Deutschland“ seine Filmbesprechung mit den Worten: „Ich sage es nicht so gern, aber dieser Film interessiert mich nicht.“ Goldberg verdeutlicht mit diesem Einstieg, warum Tanz auf der Kippe – und vielen weiteren DEFA-Wendefilmen – seinerzeit nur eine kleine Kinoauswertung beschieden war: Die Stoffe konnten mit den tagesaktuellen Entwicklungen nicht mithalten, büßten an Schlagkraft ein und trafen nicht mehr den Nerv des Publikums. Heute zählt Tanz auf der Kippe zu den spannendsten filmischen Dokumenten der Umbruchszeit, beschreibt die Chancen und Risiken des Wechselspiels zwischen „alten“ Stoffen und neuen Freiheiten.

Frank Stieren feiert mit der Rolle des Gerat noch vor Beendigung des Schauspielstudiums sein Filmdebüt. Kurz darauf folgt ein weiteres Engagement in Andreas Kleinerts Spielfilm Verlorene Landschaft (1992). Später ist Stieren in zahlreichen deutschen Fernsehfilmen und Serien zu sehen, u.a. an der Seite von Barbara Rudnik und Alexandra Maria Lara. Dagmar Manzel ist zum Zeitpunkt der Dreharbeiten von Tanz auf der Kippe bereits eine etablierte Theaterschauspielerin, die am Deutschen Theater in Berlin Erfolge feiert. Bei der DEFA übernimmt sie Hauptrollen in den Heiner-Carow-Filmen So viele Träume (1986) und Coming Out (1989). Mit zahlreichen Auftritten in Kino- und Fernsehproduktionen sowie als Musical- und Operettensängerin und in Liederabenden an der Komischen Oper Berlin zählt sie zu den gefragtesten deutschen Schauspielerinnen. Lob findet in den zeitgenössischen Kritiken auch die Darstellung des Vaters durch Winfried Glatzeder. Nach seiner Ausbürgerung in die BRD 1982 wirkt Glatzeder erstmals wieder in einer DEFA-Produktion mit. In der Rolle des Augenmediziners ist der renommierte Arzt Dirkpeter Schulze zu sehen, der 26 Jahre als Chefarzt an der Potsdamer Augenklinik arbeitete. Das heutige „Ernst von Bergmann Klinikum“ ist auch Drehort vieler Szenen von Tanz auf der Kippe.

Extras

Bonusfilm TANZ AUF DER KIPPE (1991, 97 Min.)

Audiokommentar von Peter Kahane und Ralf Schenk

Untertitel für Hörgeschädigte (SDH)
Audiodeskriptionen

Credits
Darsteller: Hendrik Duryn, Susanne Hoss, Antje Straßburger
Regie: Peter Kahane

Produktionsland: DDR
Produktionsjahr: 1987
Pressestimmen

„Die DEFA Romanze aus der Vorwendezeit erzählt von Stillstand und Aufbruch, sie begeistert mit atmosphärischen Bildern und klugen Pointen.“ Stuttgarter Zeitung

„Der Film von Peter Kahane ist ein sensibles Coming-of-Age-Drama, es dominieren die Bilder über die Dialoge, Hendrik Duryn, Susanne Hoss und Antje Straßburger spielen beeindruckend.“ HH Prinzler

“…ein flott inszenierter Film, der die Probleme beim Erwachsenwerden schildert. Sehr gut gespielt, vor allem wenn man bedenkt, dass ein großer Teil der Darsteller Laien waren. Der Film schildert die Jugendzeit als Vorbereitung für all die Kämpfe, die einem im zukünftigen Leben bevorstehen und so ganz Unrecht hat er damit nicht. Beeindruckendes Spätwerk der DEFA. Ich muss allerdings zugeben, dass mich der Bonusfilm „Tanz auf der Kippe“ noch weitaus mehr beeindruckt hat. Der Film wurde 1991 von Jürgen Brauer, der auch das Drehbuch schrieb, für die DEFA inszeniert. Der Film schildert den Kampf um Gerechtigkeit und Wahrheit eines jungen Mannes und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Unbedingt ansehen.” nextgengamers.net

Auszeichnungen

MAX OPHÜLS PREIS SAARBRÜCKEN
Preis des Oberbürgermeisters

DVD
lieferbar
€ 14,90


Best. Nr.: 24085
EAN: 4042564240856

Länge: 92
Bild: PAL, Farbe, 16:9
Ton: Dolby Stereo
Sprache: Deutsch
Untertitel: Untertitel für Hörgeschädigte (SDH)
Regionalcode: codefree

Label: absolut MEDIEN
Edition: Defa-Stiftung
Reihe: DEFA Wendejugend
Rubrik: Spielfilm
Genre: Kinder/Jugendfilm


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