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Verbotene Liebe


Regie: Helmut Dziuba

Bonusfilm: BANALE TAGE von Peter Welz

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Romeo und Julia in der DDR! Julia Brendler in ihrer ersten Hauptrolle nach shakespeareschen Motiven gibt authentische Einblicke in das Familienleben der DDR der 1980er Jahre.

Der achtzehnjährige Oberschüler Georg steht vor Gericht – wegen sexuellen Missbrauchs einer Dreizehnjährigen. Barbara und er kennen sich von Kindheit an. Sie sind als Nachbarn zusammen aufgewachsen. Die Elternhäuser sind miteinander verfeindet, die Kinder lieben sich. Für Barbaras Vater ist das Verhältnis der beiden ein willkommener Anlass, gegen den Nachbarn Strafanzeige zu erstatten. Der Prozess ist nicht zu verhindern, die laut Gesetz verbotene Liebe der beiden scheint jedoch stärker als alle äußeren Widerstände. Der auf Jugendthemen spezialisierte Regisseur Helmut Dziuba verfasste auch das Drehbuch und konnte den Film – nach vielen Widerständen – erst 1989 realisieren.

Der Bonusfilm BANALE TAGE von Peter Welz erzählt von der Freundschaft des sechzehnjährigen
Schülers Michael und des Werkzeugmacherlehrlings Thomas im Ost-Berlin der 1970er Jahre. Sie wollen dem Mief in Elternhaus, Schule und Betrieb entfliehen.

Verbotene Liebe
DEFA-Studio für Spielfilme, Gruppe „Berlin“, 1989
Regie, Drehbuch und Szenarium: Helmut Dziuba
Literarische Vorlage: Erzählung „Der Sündenfall“ von Helmut H. Schulz
Kamera: Helmut Bergmann
Schnitt: Monika Schindler
Ton: Klaus Tolstorf
Musik: Christian Steyer
Dramaturgie: Peter Jakubeit
Produktion: Uwe Kraft
Darsteller:
Julia Brendler, Hans-Peter Dahm, Gudrun Ritter, Heide Kipp, Peter Sodann, Karin Gregorek, Rolf Dietrich, Dietrich Körner, Gert Gütschow, Bärbel Röhl u.a.
DEFA-Fotograf: Herbert Kroiss
DEFA-Studio für Spielfilme 1989 © DEFA-Stiftung. All rights reserved.
FFA-Förderung (Förderung Digitalisierung)

Georg ist 18 Jahre alt, auf dem Land aufgewachsen und ein Musterschüler, dessen Wechsel an die Erweiterte Oberschule mit angegliedertem Internat in der Großstadt längst vorprogrammiert war. Doch nun steht er vor Gericht; angeklagt wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen. Rückblickend zeigt der Film die Liebesgeschichte zwischen dem 18-jährigen und der 13-jährigen Barbara, die sich schon von klein auf kennen. Erzählt wird von den ersten Annäherungen, der ablehnenden Haltung der Elternhäuser, den Anfeindungen der Nachbarskinder sowie der Macht- und Hilflosigkeit der Lehrer. Die laut Gesetz verbotene Liebe der beiden Hauptfiguren scheint jedoch stärker als alle äußeren Widerstände.

Verbotene Liebe bedient sich des shakespeareschen Romeo-und-Julia-Motivs und verlegt die Handlung in die Gesellschaft der DDR. In vielen kleinen Momenten gewährt die Produktion authentische Einblicke in das Familienleben der 1980er Jahre: Im heimischen Wohnzimmer ertönt nach Anschalten des Fernsehgeräts die Titelmelodie der US-amerikanischen TV-Serie Dallas, die ausschließlich im „Westfernsehen“ zu sehen war; gegessen wird von Geschirr mit Zwiebelmustern und zu den Jugendweihefeierlichkeiten kommt die ganze Großfamilie zusammen. Generations- und Interessenkonflikte legt der Film schonungslos offen. Die Jugendlichen agieren opportun, unvorsichtig und dem Herzen folgend. Im Fall der Nachbarskinder bisweilen auch brutal und gefühllos.

Regisseur Helmut Dziuba (1933–2012) verfasste auch das Drehbuch und griff dabei auf Motive der Erzählung „Der Sündenfall“ des Schriftstellers Helmut H. Schulz zurück. Die Verfilmung des Stoffes wurde bei der DEFA mehrere Jahre diskutiert und hinausgezögert. Die Dreharbeiten konnten erst 1989 beginnen. Gedreht wird zwischen dem 14. Juni und dem 1. September u.a. in der Polytechnischen Oberschule Ho Chi Minh (heutige Grundschule) in Berlin-Friedrichshagen. Weitere Aufnahmen entstehen im Oderbruch, in der brandenburgischen Ortschaft Genschmar und in Seelow. Premiere feiert Verbotene Liebe erst nach dem Mauerfall am 19. April 1990 im Berliner Kino International. Das im Film verwendete einprägsame Lied „Er und sie“ komponierte der Musiker Lutz Gerlach. Interpretiert wird der Song von der Sängerin Jacqueline Jacob, die 1986 bereits in Heiner Carows So viele Träume zu sehen war. Die Filmmusik verantwortete der aus zahlreichen Filmrollen bekannte Christian Steyer. Seit Der Untergang der Emma (1973) komponierte Steyer fast ausnahmslos für alle Helmut-Dziuba-Produktionen.

Julia Brendler gibt in der Rolle der Barbara im Alter von 14 Jahren ihr Leinwanddebüt. Dziuba, der sich vom Talent der jungen Darstellerin begeistert zeigte, besetzt sie dann in seinem letzten DEFA-Film Jana und Jan (1991) ein weiteres Mal in einer tragenden Rolle. Brendler kann sich anschließend als Schauspielerin etablieren und ist bis heute in vielen deutschsprachigen Kino- und Fernsehproduktionen zu sehen. Für Hans-Peter Dahm, der den Georg spielt, bleibt es die einzige Filmrolle. An der Seite der jugendlichen Protagonisten agieren bekannte Schauspieler wie Dietrich Körner, Heide Kipp, Peter Sodann und Karin Gregorek. Große Beachtung findet Gudrun Ritters Darstellung der Lehrerin. Filmkritikerin Renate Holland-Moritz lobt die Figurenzeichnung im Eulenspiegel „als Prototyp des gar nicht so selten guten DDR-Lehrers“. 1990 erhält Ritter auf dem letzten Nationalen Spielfilmfestival der DDR in Berlin den Preis für die beste weibliche Nebenrolle. Die heute als Politikerin bekannte Manuela Schwesig spielt – noch unter ihrem Mädchennamen Manuela Frenzel – einen kleinen Part als „Rivalin“.

Helmut Dziuba lernte sein Handwerk an der Moskauer Filmhochschule WGIK bei den Regielegenden Sergej Gerassimow und Michail Romm. Nach dem Studium kehrte er in die DDR zurück und übernahm 1963 eine Regie-Assistenz bei Frank Beyers Karbid und Sauerampfer. Zischen 1968 und 1991 realisierte Dziuba im DEFA-Spielfilmstudio elf eigene Filme, die sich vornehmlich an ein junges Publikum richten. Mohr und die Raben von London, eine Adaption des gleichnamigen Jugendbuchs von Ilse und Vilmos Korn, wird 1968 sein erstes eigenes Spielfilmprojekt. In seinen retrospektiv als „proletarische Trilogie“ bezeichneten Filmen Rotschlipse (1977), Als Unku Edes Freundin war (1980) und Jan auf der Zille (1985) widmet er sich Kinderschicksalen in der Weimarer Republik und den frühen Jahren des NS-Regimes. Vielfach greift er auch alltägliche Probleme von Kindern und Jugendlichen in der DDR auf. Mit Sabine Kleist, 7 Jahre… (1982) gelingt ihm ein internationaler Erfolg. Gesellschaftskritische Stoffe wie Erscheinen Pflicht (1983) bringen Dziuba jedoch auch Probleme mit dogmatischen Parteifunktionären. Dieser Film, in dem sich ein Mädchen kritisch mit der politischen Funktion ihres verstorbenen Vaters in der DDR auseinandersetzt, darf nur begrenzt ausgewertet werden; in manchen DDR-Bezirken wird seine Aufführung gänzlich untersagt. Nach dem Ende der DEFA gelingt es Dziuba nicht, seine Regiekarriere fortzusetzen. Mehrere Versuche, Stoffe ins Gespräch zu bringen, scheitern am Desinteresse der Produzenten und der Filmförderer. Ein letzter großer Erfolg wird Bernd Sahlings Blindgänger (2004), für den Dziuba das Drehbuch verfasst und der mit dem Deutschen Filmpreis prämiert wird.
Philip Zengel

Banale Tage
DEFA Studio Babelsberg GmbH, Gruppe „DaDaeR“, 1990
Regie: Peter Welz
Szenarium: Michael Sollorz
Literarische Vorlage: Erzählung „Banale Tage“ von Michael Sollorz
Kamera: Michael Schaufert
Schnitt: Rita Hiller
Ton: Jürgen Mathuschek, Werner Schulze, Brigitte Pradel
Musik: Bert Wrede
Dramaturgie: Timothy Grossmann
Produktion: Ralph Retzlaff
Darsteller:
Florian Lukas, Christian Kuchenbuch, Kurt Naumann, Karin Mikityla, Bärbel Bolle, Erns-Georg Schwill, Jörg Panknin, Astrid Meyerfeldt, Simone Walter, Anita Herbst u.a.
DEFA-Fotograf: Herbert Kroiss
DEFA Studio Babelsberg GmbH 1990 © DEFA-Stiftung. All rights reserved.
FFA-Förderprogramm Filmerbe (Förderung Digitalisierung)

Ost-Berliner Jugend in den späten 1970er-Jahren. Der Schüler Michael und der Werkzeuglehrling Thomas werden trotz unterschiedlicher sozialer Herkunft Freunde. Sie eint der Drang aus der Banalität des Alltags auszubrechen. Sie wehren sich gegen Bevormundung, das Gefühl der Nutzlosigkeit und die Verschwendung ihrer Lebenszeit. Sie wollen sich erproben und eigene Träume verwirklichen.

Banale Tage basiert auf der gleichnamigen literarischen Vorlage des Schriftstellers Michael Sollorz. Das Buch soll im Herbst 1990 veröffentlicht werden, wozu es in der unwägbaren Wendezeit allerdings nicht kommt. Aufgespürt und für eine Verfilmung vorgeschlagen wird der Stoff durch den DEFA-Dramaturgen Timothy Grossmann. Regisseur Peter Welz orientiert sich in seiner surrealistischen Inszenierungsästhetik am Stil Frank Castorfs, der zu seinen künstlerischen Vorbildern zählt. Zwischen dem 23. Juni und dem 31. August 1990 wird in Berlin gedreht. Prominentester Drehort ist die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.

Bereits Ende Januar 1991 gewinnt Banale Tage auf dem Filmfestival Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken den Preis der Interfilm-Jury. Im Februar 1991 läuft der Film auf der Berlinale. Ein kleiner, allerdings kaum beachteter Kinostart gelingt erst im Januar 1992. Die Probleme der DDR-Jugend in den späten 1970er-Jahren wecken beim Publikum kurz nach dem Mauerfall kein großes Interesse mehr. Reinhild Steingröver kommt in ihrer Publikation Spätvorstellung. Die chancenlose Generation der DEFA (2016) zu dem Schluss: „Aus Perspektive eines Vierteljahrhunderts später ist Banale Tage ein wertvolles filmhistorisches Kunstwerk in seiner formal eigensinnigen Parodie des bevormundenden Paternalismus gegenüber der jüngsten Generation in den letzten Jahren der DDR. Diese Erkenntnis, aus Sicht der Betroffenen in aller Komplexität reflektiert, fehlte in der Nachwendezeit, fehlt bis heute.“

Banale Tage entsteht in der Künstlerischen Arbeitsgruppe „DaDaeR“, die 1990 als „Nachwuchsgruppe“ unter Leitung des Produzenten Thomas Wilkening ins Leben gerufen wird und der zehn Prozent der jährlichen staatlichen Subventionen ans DEFA-Spielfilmstudio als Etat zur Verfügung stehen. Die Gründung der Gruppe ist das Ergebnis einer jahrelangen Auseinandersetzung mit der heranwachsenden DEFA-Regiegeneration, die ihre Ideen im Produktionsplan des Spielfilmstudios nur unzureichend vertreten sieht. Neben Welz’ Banale Tage produziert die Gruppe, die eigenständig über ihre Projekte entscheiden darf, auch Jörg Foths Satire Letztes aus der DaDaeR (1990) und Herwig Kippings Farce Das Land hinter dem Regenbogen (1990/91). Die drei Filme eint ihre künstlerische Innovation und ihre stilistische Unangepasstheit an tradierte Erzählweisen und Ästhetiken des DEFA-Films.

Das filmische Interesse des Regisseurs Peter Welz (* 1963) wurde bereits früh geweckt. 1975 spielt er die Hauptrolle in Heiner Carows Ikarus. In Ralf Kirstens Antikriegsfilm Ich zwing dich zu leben (1977) folgt eine weitere Hauptrolle. Nach der Schulzeit beginnt Welz ein Regiestudium in Babelsberg. Es entsteht u.a. der mehrfach preisgekrönte Kurzfilm Willkommen in der Kantine (1988) nach einem Drehbuch von Frank Castorf. Unsere Familie, nach einer Vorlage von Leander Haußmann, wird 1989 sein Diplomfilm. Anders als viele Kollegen darf Welz mit Banale Tage bereits kurz nach Beendigung seines Studiums seinen ersten eigenen Spielfilm bei der DEFA verwirklichen. 1995 wird er mit Burning Life über zwei Outsiderinnen auf der Flucht für den Bundesfilmpreis nominiert. Danach sind seine Ideen kaum mehr gefragt, die Finanzierung eines weiteren Kinoprojekts gelingt Welz nicht und er dreht vorwiegend für verschiedene Fernsehanstalten.
Florian Lukas feiert in der Rolle des Michael im Alter von 17 Jahren sein Filmdebüt. Er kann sich in den 1990er-Jahren als gefragter Schauspieler etablieren. Für sein Engagement in Good bye, Lenin! gewinnt er 2003 den Deutschen Filmpreis für die beste männliche Nebenrolle. Christian Kuchenbuch, der den Thomas spielt, wird ein gefragter Theaterschauspieler. Auch andere junge Darsteller aus Banale Tage, dazu zählen u.a. Alexander Schubert, Sven Lehmann und RP Kahl, werden im wiedervereinigten Deutschland gefragte Filmschaffende. In Nebenrollen sind etablierte Film- und Theaterschauspieler der DDR zu sehen, darunter Bärbel Bolle, Ernst-Georg Schwill, Jörg Panknin, Peter Prager und Kurt Naumann. Einen Gastauftritt hat der kurz nach Ende der Dreharbeiten verstorbene Schriftsteller Ronald M. Schernikau, der noch zu Zeiten der geschlossenen Grenzen aus der Bundesrepublik in die DDR übergesiedelt war und von Freunden als „der letzte Kommunist“ bezeichnet wurde. Als Bluesband tritt die populäre Musikgruppe Keimzeit auf.
Philip Zengel

Extras

Bonusfilm BANALE TAGE (1991, 92 Min.)
Mit einem optionalen Audiokommentar von Peter Welz und Ralf Schenk.

Untertitel für Hörgeschädigte (SDH)
Audiodeskriptionen

Inhaltsübersicht

Kapiteleinteilung

Credits
Darsteller: Julia Brendler, Hans-Peter Dahm, Peter Sodann
Regie: Helmut Dziuba

Produktionsland: DDR
Produktionsjahr: 1989/1990
Pressestimmen

„Ein kleines Meisterwerk. Eine einfühlsam erzählte Romeo-und-Julia-aufdem-Dorfe-Geschichte. Alles wird leicht und sehr genau, auch in den Dialogen erzählt.“ Leipziger Volkszeitung

„Es ist ein zärtlicher Film, der Unschuld gegen Schuld aufwiegen will, der vom Bruch genormter Lebensläufe erzählen will.“ Cut

„Eine nach wie vor sehenswerte Variation des bekannten „Romeo und Julia“-Motivs zweier Liebender, deren Glück die Feindseligkeiten zwischen ihren Familien im Wege stehen. Mit viel Feingefühl und einer wohl dosierten Portion unspekulativer Erotik hat Helmut Dziuba das Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit mit wunderbaren Darstellern in Szene gesetzt. Dabei geht es auch immer wieder um generelle Fragestellungen zur Ideologie in der DDR.“ Zauberspiegel

Banale Tage
„Der Film handelt von der Freundschaft zweier Jugendlicher, die im Ost-Berlin der 1970er Jahre aus ihrem öden Alltag ausbrechen wollen, dabei aber ins Blickfeld der Staatssicherheit geraten.“ Kultur Zentner

„Dieser kurz vor dem Niedergang der DDR entstandene, überaus experimentelle Film behandelt ebenfalls die Lebenssituation einiger Jugendlicher.“ Zauberspiegel

„In „Banale Tage sind die bis heute bekannte Band Keimzeit sowie in einer Nebenrolle der 1991 mit nur 31 Jahren verstorbene Schriftsteller Ronald M. Schernikau zu sehen.“ Nitro

Auszeichnungen

Max-Ophüls-Preis: Preis der Interfilm-Jury

DVD
nicht mehr lieferbar

Best. Nr.: 23945
EAN: 4042564239454
FSK: 12

Länge: 90
Bild: PAL, Farbe, 16:9
Ton: Dolby Stereo
Sprache: Deutsch
Untertitel: Untertitel für Hörgeschädigte (SDH)
Regionalcode: codefree

Label: absolut MEDIEN / Grandfilm
Edition: Defa-Stiftung
Reihe: DEFA Wendejugend
Rubrik: Spielfilm
Genre: Kinder/Jugendfilm


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