Filmarchiv | Baukunst 11
Baukunst 11
Regie: Stan Neumann, Juliette Garcias, Richard Copans
“Baukunst“ ist eine Reihe, deren einzelne Folgen jeweils einem herausragenden Werk der Baukunst gewidmet sind. Ob Museum, Einkaufszentrum, Schule oder Gefängnis: unterschiedliche Konzepte, Epochen, Trends und Architekten werden monografisch vorgestellt, im Detail und mit 3D Modellen. Einzigartige Einblicke in die Intentionen des Architekten, seine Ideen und Konzepte. Folge 11 mit:
Das Gefängnis »La Santé« in Paris
Médiacité – Ein Designer-Einkaufszentrum in Lüttich
Das Amiens Museum
Die Windkiste
Schloss Pierrefonds
Die Bambusschule von Bali
Das Gefängnis »La Santé« in Paris (1861-1867)
Ein einzigartiges, homogenes und beeindruckendes architektonisches Werk. An der Spitze der Reflexionen über die Gefängnisstrafe war es damals das ultimative “moderne Gefängnis”, eine rationalere, menschliche Form der Gefangenschaft.
Médiacité – Ein Designer-Einkaufszentrum in Lüttich
Vom Himmel aus ähnelt es einer Schlange, einem Wal, einer gewölbten Vene oder einem Fluss. Von innen sieht es aus wie ein riesiges Glasfenster. Bei Médiacité hat der experimentelle, provokative israelische Designer Ron Arad seine Ideen in größerem Maßstab umgesetzt und das oft kritisierte Genre der Einzelhandelsarchitektur neu belebt.
Das Amiens Museum
Das Picardie-Museum war das erste Museum in Frankreich, das als solches gebaut wurde. Ursprünglich ein “Kleiner Louvre”, ein Palast, wurde es über die Jahrzehnte währenden Bauarbeiten zum Museum, das über das Denkmal triumphierte.
Die Windbox
Die Fort de France Education Authority ist das einzige Beispiel für ein zeitgenössisches architektonisches Gebäude in Martinique. Es ist auch das einzige offizielle Gebäude, das natürlich von den Passatwinden belüftet wird. Christian Hauvette hat ein völlig offenes Gebäude geschaffen, in dem die Grenzen zwischen Außen- und Innenraum verschwommen sind.
Pierrefonds, das Architektenschloss
Ein Ruinen Schloss umgebaut von Viollet Le Duc für den Kaiser Napoleon III. Eine Rekonstruktion, die paradoxerweise den Weg für moderne Architektur eröffnete. Die besondere Wirkung von Pierrefonds beruht auf der doppelten Strategie, einerseits die Struktur und Farben der Materialien, andererseits die Struktur selbst, die reine geometrische Form, zur Geltung zu bringen.
Die Bambusschule von Bali
Tief im balinesischen Dschungel schmiegen 40 Gebäude: der Bambus Campus der Green School Bali, gegründet von den Amerikanern John und Cynthia Hardy. Das Hauptgebäude, das ganz aus Bambus entstand – kein Beton, Metall oder Glas wurde im Gebäudegerüst, Fußböden und Decken, Wänden verwendet – ein inspirierendes Beispiel für umweltfreundliche Architektur.
Das Gefängnis »La Santé« in Paris
Das 19. Jahrhundert brachte zahlreiche Neuerungen in der Baukunst: Bahnhöfe, Fabriken, Börsen, Einkaufspassagen, Museen und Gefängnisse. Neu war auch die Idee der Inhaftierung, sie existierte erst seit Mitte des 18. Jahrhunderts. Haftstrafen waren bis Ende des 18. Jahrhunderts weitgehend unbekannt. Gefängnisse waren für säumige Schuldner oder Untersuchungshäftlinge reserviert, bei denen Fluchtgefahr bestand. Ansonsten zog man es vor, zu foltern oder Zuchthausstrafen zu verhängen. Mit der Französischen Revolution von 1789 wurden diese als unmenschlich geltenden Strafen in Frankreich abgeschafft und durch die Gefängnishaft ersetzt – „überwachen und strafen“, um mit dem französischen Philosophen Michel Foucault zu sprechen. Der Inbegriff der modernen Strafe erfordert auch ein neues architektonisches Konzept. Vorbild ist das sogenannte Panopticon-Prinzip, eine Erfindung des englischen Philosophen Jeremy Bentham. Die kreisförmige Bauweise ermöglicht die gleichzeitige Überwachung vieler Menschen durch einen in der Mitte positionierten Aufseher. „La Santé“ wurde zwischen 1861 und 1867 von Emile Vaudremer nach den neusten Erkenntnissen der Forschung auf dem Gebiet des Freiheitsentzugs gebaut. Als Modellgefängnis verfügte es über eine sehr moderne Ausstattung, die nicht zuletzt der Durchsetzung einer strikten körperlichen und moralischen Hygiene diente. „La Santé“ verkörpert eine düstere Seite der Architektur: eine Baukunst, die sich dem Freiheitsentzug verschrieben hat, geprägt von einem primitiven und grausamen Funktionalismus, den nichts mäßigt oder kaschiert. In einem zeitgenössischer Text hieß es dazu: „Der Architekt wird zum ersten Vollstrecker der Strafe, er erstellt die wichtigsten Marterinstrumente.“
Médiacité – Ein Designer-Einkaufszentrum in Lüttich
Eine Schlange, ein fliegender Fisch, eine hervortretende Ader, ein Fluss oder auch eine riesige Larve: An Bildern zur Beschreibung der Passagenkonstruktion des Lütticher Einkaufszentrums Médiacité mangelt es nicht. Auch einem gigantischen bunten Kirchenfenster kommt sie gleich. Das raffinierte, lichtdurchlässige Gebilde schlängelt sich über eine Länge von 350 Metern zwischen zwei Gebäudekomplexen und bildet die Hauptader eines gigantischen Einkaufs- und Freizeitzentrums, das 2009 auf einer Industriebrache entstand. Gestaltet wurde die Passage von dem israelischen Designer und Architekten Ron Arad, dessen surreale, schwingende Möbelobjekte Weltruf genießen. Nachdem Jaspers-Eyers, eines der bekanntesten belgischen Architektenbüros, das auf dem Grundstück befindliche Einkaufszentrum aus den 1970er Jahren renoviert und über Jahre hinweg ein stimmiges Konzept für die brachliegende Fläche entwickelt hat, soll im Jahr 2007 endlich das Fundament für den Neubau gelegt werden. Da entwickelt die Stadt Lüttich die Vision, der Médiacité die Handschrift eines international renommierten Künstlers zu geben. Der Bauträger wendet sich kurzerhand an Ron Arad, der dem urbanen Komplex, der heute täglich 40.000 Besucher willkommen heißt, mit seiner „Schlange“ ein dynamisches, zeitgenössisches Antlitz verleiht. Neben den gewölbten Stahlelementen des Daches liegt eine weitere Besonderheit in den dazwischenliegenden Freiräumen: Diese sind nicht mit Glas, sondern mit luftgefüllten Teflon-Membranen überzogen – eine Verkleidung, die flexiblen Verformungen standhält und gleichzeitig hundertmal leichter und halb so teuer ist wie Glas.
Das Amiens Museum
Das Picardie-Museum, das über mehrere Generationen gebaut wurde, ist ein wahres Juwel der Architektur des 19. Jahrhunderts, das einen Besuch wert ist. Das Projekt zum Bau des “Musée Napoléon” in Amiens wurde von der Société des Antiques de Picardie gestartet. Es ist das erste Museum in Frankreich, das als solches gebaut werden sollte. Das Gebäude musste sowohl die Bedeutung der Stadt als auch Werke aus den Sammlungen des Sponsors unterbringen. Museum oder Palast? Mit diese Frage wurden die aufeinanderfolgenden Architekten des “kleinen Louvres” konfrontiert waren.
Die Windkiste
Der vom französischen Erziehungsministerium ausgeschriebene Wettbewerb für den Bau des Rektorats auf der Antilleninsel Martinique umfasste eine Nutzfläche von 6.000 Quadratmeter und das übliche Programm für ein großes Verwaltungsgebäude. Allerdings enthielt die Ausschreibung eine Vorgabe, die das Projekt der Routine entriss: In einer Gegend, in der die elektrische Klimatisierung für Fortschritt und Komfort steht, sollte allein der Passatwind die notwendige Kühlung bringen. Der weht dort nämlich das ganze Jahr über stets in West-Ost-Richtung. Der Architekt Christian Hauvette stellte sich der Herausforderung.
Die traditionelle Architektur auf Martinique bedient sich bereits des Passatwindes als natürliches Kühlsystem: Spezielle Jalousien regeln den Ein- und Austritt des Windes, der dort das ganze Jahr über stets in West-Ost-Richtung weht.
Aber noch nie hatte man versucht, dieses Prinzip allgemeiner Durchlässigkeit auf ein dreistöckiges Gebäude, das 200 Personen aufnehmen soll, anzuwenden. Der Architekt Christian Hauvette ließ sich auf diese Weise auf ein Experiment mit unsicherem Ausgang ein.
Unter Verwendung der in Martinique üblichen Jalousien entwarf er ein völlig winddurchlässiges Gebäude. Die Türen des Gebäudes bestehen aus riesigen Metallflügeln, die geschlossen eine Wand bilden, aber jeden Morgen zurückweichen, um Menschen und Wind die freie Zirkulation zu gestatten. Die normalen Zugangswege des Gebäudes stellen also zugleich die natürlichen Belüftungswege dar. Gleich hinter dem Portal streicht der Wind durch trennwandartige Jalousien aus Holz und tritt auf der gegenüberliegenden Gebäudefassade aus, die aus Tausenden von beweglichen Glaslamellen besteht. Jeder kann in seinem Büro die Öffnung zwischen den Glasplättchen individuell verstellen und so den Luftzug selbst regulieren. Im Innern des Gebäudes hat der Architekt fünf große Innenhöfe eingerichtet, die die Büroräume direkt mit Tageslicht versorgen und zugleich als kleine tropische Gärten angelegt sind.
Die Architektur des Rektorats beruht auf der Überlagerung verschiedener Raster aus festen und beweglichen Jalousien einerseits und Vegetationsrastern andererseits. Diese Überlagerung bringt ständig neue Effekte und neue optische Eindrücke hervor, die dem Raum etwas außergewöhnlich Fließendes verleihen.
Die Tatsache, dass Feinregulierungen von den Nutzern vorgenommen werden müssen, wird nicht immer positiv bewertet. So wird der Passatwind nach und nach durch Ventilatoren oder elektrische Klimaanlagen ersetzt und damit das Prinzip natürlicher Belüftung unterlaufen.
Schloss Pierrefonds
Archäologisch getreue Wiederherstellung oder moderner Umbau? Vor dieser Frage standen Napoleon III. und sein Architekt Viollet-Le-Duc. Napoleon hatte diesen beauftragt, das im 15. Jahrhundert von Louis d’Orléans erbaute Schloss in Pierrefonds bei Compiègne zu restaurieren, das zum Zeitpunkt des Erwerbs eine Ruine war. Die Ruine des im 15. Jahrhundert von Louis d’Orléans erbauten Schlosses in Pierrefonds bei Compiègne wurde von Napoleon I. gekauft. Napoleon III., der an der romantischen Ruine Gefallen fand und einen kaiserlichen Landsitz daraus machen wollte, beauftragte Viollet-Le-Duc mit dem Wiederaufbau. Die „Restauration” dauerte von 1858 bis 1886 und war ein höchst komplexes Unternehmen. Napoleon III. wünschte eine archäologisch getreue Wiederherstellung, während Viollet-Le-Duc sich der Vergangenheit lediglich bediente, um ein neues Verhältnis von umbautem Raum und dessen Ausschmückung zu erfinden. Viollet-Le-Duc, der unter anderem Notre-Dame de Paris restauriert hatte, entwickelte sich als Baumeister des Schlosses von Pierrefonds zum wahren Regisseur eines Gesamtschauspiels, in dem er jedes Detail selbst konzipierte. Nicht umsonst betrachteten ihn die belgischen Jugendstilarchitekten Victor Horta und Paul Hanka als ihren Vorgänger. Die besondere Wirkung von Pierrefonds beruht auf der doppelten Strategie des Architekten, einerseits die Struktur und Farben der Materialien, andererseits die Struktur selbst, die reine geometrische Form, zur Geltung zu bringen.
Die Bambusschule von Bali
Das als „Heart of School“ bezeichnete Verwaltungsgebäude der balinesischen Green School, 20 Kilometer von der Hauptstadt Denpasar entfernt, hat den ökologischen Ansatz der Schule bis ins Grundgerüst verinnerlicht: Es ist aus Bambus erbaut. Das ehrgeizige Projekt geht auf eine Initiative der beiden in Indonesien lebenden Amerikaner John und Cynthia Hardy zurück. 2006 entwarfen sie mit einer Gruppe von Architekten und Künstlern einen völlig neuartigen Schulkomplex, der gleich drei Herausforderungen gerecht werden sollte: ein innovativer pädagogischer Ansatz, ein umweltschonendes Wirtschaftsmodell und eine nur auf einem Grundmaterial basierende Architektur. Als Erstes trafen sie die Entscheidung, nur mit Bambus zu bauen, einem traditionellen balinesischen Baustoff, der aufgrund seiner Stabilität und Langlebigkeit auch als „pflanzlicher Stahl“ bezeichnet wird. Schon von weitem sichtbar sind die drei mehrgeschossigen Kegeldächer, die schneckenhausartig ineinandergreifen. Sie verleihen dem Bau einen einheitlichen Charakter und wirken zugleich, als seien sie in ständiger Bewegung – ein Konzept, das die Architekten einer Zeichnung von Leonardo da Vinci entlehnten. Das Gebäude hat keine Mauern, keine Trennwände und wird auf natürliche Art klimatisiert. Sein Skelett ist sichtbar und verläuft manchmal vertikal, manchmal parallel zur Neigung des Dachs. Einige Strukturen – so der stabile Dachträger und der Träger, auf dem die Stockwerke ruhen – sind ineinander verschlungen. Die Bambusschule ist der größte Bau des rund 60 Gebäude umfassenden Campus. Sie gilt heute als Referenz für moderne Architektur aus erneuerbaren Rohstoffen.
- Inhaltsübersicht
Das Gefängnis « La Santé » in Paris
Médiacité – Ein Designer-Einkaufszentrum in Lüttich
Das Amiens Museum
Die Windkiste
Schloss Pierrefonds
Die Bambusschule von Bali- Credits
-
Regie: Stan Neumann, Juliette Garcias, Richard Copans
Produktionsland: F
Produktionsjahr: 1994/2017
- Pressestimmen
»Die ambitioniertesten architektonischen Bauwerke werden mit seltenem Archivmaterial, Modellen und im Gespräch mit den größten Architekten unserer Zeit dargestellt.« Detail.de
»Es sind Baumeister und ihre Welten, Visionen, die hier zu Wort kommen« – MDR Figaro
»Ruhige, nie Effekt haschende Bilder gehen eine sinnvolle Allianz ein mit unaufdringlich platzierten 3D-Animationen. Der maßvolle Wortanteil lässt Luft für assoziative Freiräume. Eine sehr schöne Art durch aufregende Architektur geführt zu werden.« detail.de
»Auch die vorhergehenden Folgen springen: von Barock zu Jugendstil, von Sparkassenbau zu Kathedrale, von Europa nach Asien. Das mag irritieren und ist doch so schlüssig: Architektur, so macht uns diese Reihe aufmerksam, folgt keiner linearen Evolution. Es gibt zwar verstreute rote Fäden, neue Techniken, wegweisende Ideen – doch am Ende steht eben alles nebeneinander, in Resonanz, das eine erst durch das andere ein bisschen besser zu verstehen.« – MDR Figaro
nicht mehr lieferbar
Best. Nr.: 1037
ISBN: 978-3-8488-1037-6
EAN: 978-3-8488-1037-6
FSK: Infoprogramm
Länge: 156
Bild: NTSC, Farbe, 16:9
Ton: Dolby Digital Stereo
Sprache: Deutsch Englisch Französisch
Untertitel: französische Untertitel
Regionalcode: codefree
Rubrik: Dokument
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